Die Deutschen Auslandshandelskammern (AHK) laden regelmässig zu Geschäftsreisen inklusive Finanzierungsberatung in verschiedene Länder ein. Im September wird es eine Reise der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Kairo nach Ägypten gehen, die den Schwerpunkt »Biomasse und Biogas in Ägypten« haben soll. Dazu gibt es – wie immer bei diesen Reisen – eine Marktanalyse, in der das Land vorgestellt wird.
Die aktuelle (2019) Marktanalyse kann heruntergeladen werden (3,9 MB PDF) und bietet auch unabhängig von einer eventuellen Teilnahme an der Geschäftsreise vom 8.bis 12. September 2019 eine Fülle von nützlichen Informationen.
Es wird gesagt:
- Die energetische Verwertung von organischen (und anorganischen) Abfällen ist in Ägypten ein so vielversprechender Bereich, dass er in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen und im Rahmen der Ausarbeitung eines „National Solid Waste Management Programmes“ nationale Priorität bekommen hat. Die ägyptische Regierung arbeitet derzeit an der Herausgabe eines gesetzlich festgelegten Einspeisetarifs für die Einspeisung von aus Biogas gewonnenem Strom sowie einem Regelwerk für den Anschluss der Anlagen an das Stromnetz.
Die Marktanalyse geht breit auf die Erzeugung von Biogas aus Klärschlamm in Klärwerken ein. In den letzten Jahren wurden eine Reihe von Grossklärwerken gebaut, die gleich mit einer anaeroben Behandlung und der Erzeugung von Strom aus Biogas ausgestattet wurden. Die Option der Hydrothermalen Carbonisierung (HTC) wird nicht erwähnt, obwohl da deutsche Firmen im Exportgeschäft präsent sind.
Es wird auch nicht erwähnt, dass es eine Theorie von Ulrich Simon aus dem Jahr 2005 gibt, die behauptet, dass die Pyramiden in Wirklichkeit Biogasanlagen gewesen seien.
Es gibt eine Übersicht über die wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte (basierend auf FAO-Angaben) und die dabei anfallenden Reststoffe
3 Mio t von Zuckerrohr
1,6 Mio t von Zuckerrüben
0,75 Mio t von Baumwolle
7,8 Mio t von Mais
5,3 Mio Reisstroh
3 Mio t Baumschnitt
Weiterhin werden erhebliche Mengen Zwiebeln, Wassermelonen, Weizen, Weintrauben, Tomaten, Datteln, Mangos, Guavas, Auberginen, Kartoffeln, Bananen und Orangen produziert.
Das Umweltministerium hat das bisher gebräuchliche offene Verbrennen der Reststoffe auf dem Feld untersagt. Das war mit Umweltbelastungung (Rauch) verbunden und stellt auch eine völlig nutzlose Erzeugung des Klimagases Kohledioxid dar (von den Produkten der unvollständigen Verbrennung ganz abgesehen).
Trockene Reststoffe werden zu MDF-Faserplatten (Möbel) verarbeitet, faserige Bananenstauden zu Seilen. Es werden auch Pellets als Brennstoff für Zementwerke und Hühnerfarmen angeboten. Pyrolyse und Biokohle werden nicht erwähnt, obwohl die IBI (International Biochar initiative) auf entsprechene Aktivitäten in Ägypten verweist. So wurde ein Ofen für Fladenbrot entwickelt, der mit Pyrolysegas beheizt wird.
Hühner in die Wüste geschickt
Bei der Anlage, die in der Markananalyse als Fallbeispiel für Biogas beschrieben wird, handelt es sich aber eindeutig um ein thermisches Vergasungsverfahren, nicht um anaerobe Vergärung. Das Projekt wurde 2016 für die Cairo Poultry Company (CPC) an einem nicht näher bezeichneten Ort irgendwo in der Wüste realisiert. Die ägyptische Regierung möchte die Produktion von Hühnerfleisch weg von den Ballungszentren verlagern.
Das Unternehmen CPC hat eigene Futtermühlen, Zucht- und Mastanlagen bis hin zu Schlachtereien (vertikale Integration). Bislang wird den Hühnern mit Dieselbrennern eine Temperatur von 36°C gewährleistet und auch der Strom wird, da fern vom Netz, mit Dieselgeneratoren erzeugt.
Man geht davon aus, dass ein Masthahn bis er sein Schlachtgewicht erreicht hat, die selbe Menge an Trockenkot verursacht, der in Ägypen noch mit 20 % Sägespänen als Einstreu vermischt ist. Auf 2 Millionen Hähnchen fallen allein in diesem Betrieb 4.000 t Trockenkot an. Eigentlich ideale Verhältnisse für eine Vergasung.
Die ägyptische Firma »Oceania Engineering Systems« sollte die Vergasungsanlage bauen. Da aber das Budget knapp bemessen war, wurde nicht ein erfahrener Generalunternehmer beauftragt, sondern es wurden einzelne Kompenten (Vergaser, Gaswäsche, Motor) bei verschiedenen Firmen in China bestellt, die sich dann wechselseitig die Schuld in die Schuhe schoben, wenn etwas nicht funktioniert hat.
Der niederländige Experte für Vergasungsanlagen »Knoef Consultancy«, der an dem Projekt beteiligt ist, gibt an, dass es sich um einen Wirbelschicht-Vergaser für 200 kWel mit einer Nassreinigung handle. Die Kinderkrankheiten des Pilotprojekts könnten der Grund dafür sein, dass es noch nicht in allen der über 50 Mastanlagen von CPC eingeführt wurde. Und neben CPC gibt es noch eine Reihe weiterer Geflügelproduzenten (Wadi Group, Al Watania Poultry und Hegazy Group – Al Kenana um nur die grössten zu nennen), die ähnliche Anlagen betreben und ähnliche Reststoffe haben.
Aus den USA gibt es Erfahrungen mit Hühnermist. Frye Poultry in Wardensville, West-Viginia beispielsweise setzt einen Festbettvergaser ein und produziert Biokohle, die als Bodenhilfsstoff beim Pflanzen von Bäumen eingesetzt wurde. Mehr dazu.
Die Vorteile von Biokohle im Hühnerstall
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