Durch den Kohlenmangel infolge des Krieges suchte man das Gas aus Ersatzstoffen herzustellen, von denen sich Holz am besten
bewährt hat.
Der erste, der das durch trockene Destillation von Holz (s. Holzverkohlung, Bd. „VT, 171) entstehende Gas zu Beleuchtungszwecken benutzte, war der französische Ingenieur Ph. Lebon, der mit seinem „Thermolampe“ benannten Apparat 1796 sein Haus und später die Leuchttürme von Havre beleuchtete Die Thermolampe vermochte sich aber nicht einzubürgern, weil das damit erzeugte Holzgas eine zu geringe Leuchtkraft hatte.
Dieser Nachteil wurde erst 1849 durch Pettenkofer beseitigt, der zeigte, daß ein Gas von höherer Leuchtkraft entsteht, wenn man die Zersetzung des Holzes bei höherer Temperatur (700—800°) vornimmt und das Kohlendioxyd durch Überleiten über Kalk möglichst entfernt. Die Versuche Pettenkofers hatten folgendes Ergebnis:
Die Überhitzung wurde derart durchgeführt, daß man gewöhnliche eiserne Retorten von ziemlich großem Fassungsraum benutzte und diese nur zu etwa 1/3 mit Holz (60 kg) füllte; in dem nicht mit Holz gefüllten Teil der Retorte erfahren die gebildeten Dämpfe dann eine weitgehende Zersetzung.
Die Entgasung des Holzes war unter diesen Umständen bereits nach l ½ h beendet unter Bildung von schweren Kohlenwasserstoffen, die in dem gewöhnlichen, bei niedriger Temperatur erzeugten Holzgas völlig fehlen (vgl. nebenstehende Tabelle).
Nach diesem Prinzip arbeitende, meist von L. A. Riedinger, Augsburg, erbaute Holzgasanlagen waren in zahlreichen Städten Süddeutschlands und der Schweiz errichtet. Sie verschwanden mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes, der den billigen Bezug
von Steinkohle ermöglichte. Die letzte Holzgasanstalt in Deutschland dürfte wohl die in Bad Reichenhall gewesen sein, die erst Ende 1898 den Steinkohlenbetrieb aufnahm.
Da die Reinigung des Holzgases mit Kalk recht teuer kommt, versuchte man das Holzgas dadurch zu verbessern, daß man es über glühende Entgasungsrückstände, insbesondere Holzkohle, leitete. Nach Moser (Journ. f. Gasbel. 1919, 104) erhielt man aus lufttrockenem Eichenholz bei einer Retortentemperatur von 1170-1182 °C folgende Ergebnisse:
Ein Zusatz von 20 % zu Kohlengas ließ sich ohne Nachteil ausführen.
Diese Zahlen lassen deutlich den günstigen Einfluß einer Holzkohlenschicht auf die Gasausbeute, zugleich aber den Rückgang des Heizwerts bei dieser Arbeitsweise erkennen. Im allgemeinen zeigen die vorstehenden Angaben, daß die Erzeugung von Holzgas ein brauchbarer Notbehelf in Zeiten des Kohlenmangels ist und ohne große Änderungen des Betriebs auch in neuzeitlichen Steinkohlengasanstalten möglich ist.
Literatur:
Holzgas: (s. ferner Bd. TL 171, Holzverkohlung). –
a) Bücher:
- W. Reissig, Handbuch für Holz- und Torfgasbeleuchtung München 1863.
- Thenius, Das Holz und seine Destillationsprodukte. 3. Aufl., Wien 1917.
- M. Klar, Technologie der Holzverkohlung. 2. Aufl., Berlin 1910.
- J. Bersch, Die Verwertung des Holzes auf chemischem Wege 3. Aufl., Wien 1912
b) Zeitschriften:
- Pettenkofer, Über Leuchtgas aus Holz. Bayer. Kunst- und Gewerbeblatt 1850 und 1852.
- DlNGLER, Leuchtgas aus Holz. Dinglers pofytechn. Journ. 121, 141 [1851]. –
- Pettenkofer, Über die wichtigsten Grundsätze der Bereitung und Benutzung des Holzgases. Gelehrte
Anzeigen der Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss. 1857, Nr. 53 und 54. - E. Ott, Die Holz- und Torfentgasung. Journ. f. Gasbel. 60, 582 [1917].
- A. Molin, Versuche mit Holzvergasung in geneigten Retorten im Värta-Gaswerk Stockholm. Ebenda 61, 50 [1918].
- J. Quist, Erfahrungen mit Holz und Torfgas im städt. Gaswerk zu Horsens. Ebenda 61, 193 [1918].
- A. Sander, Die Gewinnung von Holzgas einst und jetzt. Ztschr. Ver. Dtsch. Ing. 1919.
- Schäfer, Journ. f. Gasbel. 1919, 36.
Torfgas:
- Escher, Journ. f. Gasbel. 1919, 687. Ott, ebenda 1919, 785.
- Zollikofer, ebenda 1920, 755.
- Müller, ebenda 1920, 817.
Schiefergas:
- Journ. J. Gasbel. 1919, 774.
- Ebenda 1920, 88.
- Mezger, ebenda 1920, 133.
- Sollner, Gas- und Wasserfach 1922, 514.
Braunkohlengas:
- Bunte Journ. f. Gasbel. 1919, 34.
- Meyer, Braunkohle 1919, H. 4/5.
- Geipert, Journ. f. GasbiL 1919, 742. –
- Viehoff und Czakö, ebenda 1920, 379.
- Pfeiffer, ebenda 1920, 420. – Müller, Gas- und Wasserfach 1921, 585.
- Bunte und Schwarzkopf, ebenda 1922, 322, 355.
- SCHMIDT, ebenda 1927, 657, 680.
- W. Bertelsmann und F. Schuster.
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