Bei der Berichterstattung über die Hanfparade 2021 in Berlin stand meist die Legalisierung im Mittelpunkt. Die vielfältigen Möglichkeiten, die Hanf als Rohstoff bietet, wurden eher beiläufig erwähnt.
Die Tageszeitung junge Welt titelte in der Ausgabe vom 28. August »Hanf könnte der Rohstoff der Zukunft sein« und läßt mit Dirk Hogess einen der Mitinitiatoren der »Hanfparade 97« zu Wort kommen, der sagte:
- »Seit Jahrzehnten werden Milliarden in die Verfolgung von Cannabiskonsumenten gepumpt. Mit diesen Mitteln könnte durch Hanfanbau die Landwirtschaft gestärkt werden. Regionale Genossenschaften könnten nachhaltig Hanf anbauen und verarbeiten. Die Textilindustrie und auch der medizinische Bereich könnten von einer solchen Entwicklung profitieren. Möglicherweise gibt es bezüglich des Klimawandels ein Umdenken. Hanf könnte der Rohstoff der Zukunft sein, ist zu einhundert Prozent biologisch abbaubar. Doch es gibt viele Widerstände aus der Wirtschaft, wo Plastik weitverbreitet ist. Eigentlich kann Hanf unseren Planeten retten. Die Pflanze ist ein Alleskönner, war das auch schon vor dem Verbot.«
Zu den weniger bekannten Möglichkeiten der Nutzung gehört auch die thermochemische Umwandlung analog zum Holz.
In dem Standardwerk »Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze HANF« von Jack Herer aus dem Jahr 1993 wird die Pyrolyse mehrfach erwähnt (Seite 37, 104, 112, 343, 347 f., 427, 431 f. in der Ausgabe von Zweitausendeins). Bei einem Hinweis auf das »Biomasse-Auto« von Henry Ford wird auf einen Beitrag in der Zeitschrift »Popular Mechanics« aus dem Jahr 1941 verwiesen. Eine Grafik zeigt die Möglichkeiten der Nutzung von Hanf und es heißt: »Das unten abgebildete Flußdiagramm illustriert Herstellungsverfahren
chemischer Grundstoffe, von Brenn- und Treibstoffen, Elektrizität und Wärme für die Industrie. Hanf läßt sich durch Pyrolyse auf ideale Weise zu den in der Mitte des Diagramms aufgeführten Produkten verarbeiten. Bei Verarbeitung von Biomasse handelt es sich grundsätzlich um den gleichen thermochemischen Aufspaltungsprozeß, den man auch bei fossilen Energieträgern wie Erdöl anwendet.«
In den Materialien zur Ökologie (Seite 415 – 418) wird näher auf die Pyrolyse eingegangen.
MATERIALIEN 1 Zur Ökologie
Da auf einem Morgen Land in vier Monaten 10 Tonnen Hanf geerntet werden können, gehört Hanf zu den leistungsstärksten Biomasseproduzenten.
Lynn Osburn schlägt vor, den Energiehunger der Industriegesellschaft mit landwirtschaftlichen Methoden zu stillen. Daß nach Ölfeldern tief unter dem Meeresspiegel, in der Wüste Saudi-Arabiens oder unter dem ewigen Eis der Arktis gesucht wird, soll der Vergangenheit angehören. Die Ölfelder der Zukunft, so die Vision Osburns, sind grün und werden von Bauern auf ihren Äckern jedes Jahr neu bestellt und geerntet.
Auszüge aus: Lynn Osburn, Energy Farming in America, Bach Publishing, 1989
Treib- und Brennstoffe aus Hanf
Daß sich die Umwandlung von Biomasse in Brennstoff ökonomisch sinnvoll durchführen läßt, wurde zunächst in Laborversuchen, seit 1973 auch kontinuierlich in verschiedenen Pilotprojekten und landwirtschaftlichen Versuchen nachgewiesen. Während des Wachstums entzieht die Pflanze der Luft CO2, das sie während der Verbrennung wieder abgibt, so daß ein geschlossener Kreislauf entsteht.
Der Begriff Biomasse wird zur Beschreibung aller biologisch produzierten Materie benutzt. Die weltweite Produktion von Biomasse wird auf 146 Billionen Tonnen jährlich geschätzt, davon wird der größte Teil von wildwachsenden Pflanzen produziert. Manche Nutzpflanzen und Bäume können jährlich bis zu 20 Tonnen Biomasse pro Morgen Land produzieren, einige Algen und Gräser erreichen eine Masse von 50 Tonnen pro Jahr.
Diese Biomasse hat einen Heizwert von 5.000 bis 8.000 BTU/lb [British thermal unit/Pound], (1 BTU (IT)/Pfund [BTU/lb] = 2,326 Kilojoule/Kilogramm [kJ/kg]) bei ihrer Verbrennung entstehen nur geringe Mengen Asche oder Schwefel. Würde man eine Fläche von etwa 6 Prozent des Landes der Vereinigten Staaten zur Produktion von Biomasse bepflanzen, könnte die derzeitige Nachfrage nach Öl und Gas vollständig befriedigt werden.
Dieses Ziel kann mit Hilfe des »Energy Farming« erreicht werden, ein Konzept, das auf der Gewinnung von Biomasse durch den von Farmern durchgeführten Anbau entsprechender Pflanzen und deren Weiterverarbeitung zu Brennstoff beruht.
Pyrolyse nennt man die Technik, organische Materie (holzzellulosehaltige Materialien) ohne bzw. mit geringer Sauerstoffzufuhr stark zu erhitzen. Dieser Prozeß kann Holzkohle, verdichtete organische Flüssigkeiten (pyrolytisches Öl), nicht-verdichtete Gase, Essigsäure, Azeton und Methanol ergeben. Der Prozeß kann so reguliert werden, daß Holzkohle, pyrolytisches Öl, Gas oder Methanol mit einer Effizienz von 95,5 Prozent hergestellt werden können (Verhältnis von Rohstoffverbrauch zu Ertrag).
Es gibt eine Grafik aus den 1940er Jahren, in der die Nutzung von Biomasse (links) mit der Aufarbeitung fossiler Rohstoffe verglichen wird. Es wird eine Parallele zwischen der thermochemischen Umwandlung im Pyrolyse-Reaktor und der Destillationskolonne für Rohöl gesehen. In beiden Fällen können Chemikalien, Treibstoffe und Dampf erzeugt werden.
Die Pyrolyse ist seit den Anfängen der Zivilisation bekannt. Die alten Ägypter praktizierten bereits die Destillation von Holz, sie nutzten den dabei entstehenden Teer und die Essigsäure für ihre Kunst des Einbalsamierens. Durch die Umwandlung von Biomasse in Brennstoff mit Hilfe der Pyrolysetechnik könnenEnergiekraftwerke verringert werden. Gleichzeitig sorgt diese Technologie dafür, daß die landwirtschaftlichen Familienbetriebe Amerikas erhalten bleiben und das amerikanische Herzland in eine blühende Landschaft mit sauberen Energiequellen verwandelt wird. methanolgetriebene Autos entwickelt und die Emissionen der Kohle verstromenden Energiekraftwerke verringert werden. Gleichzeitig sorgt diese Technologie dafür, daß die landwirtschaftlichen Familienbetriebe Amerikas erhalten bleiben und das amerikanische Herzland in eine blühende Landschaft mit sauberen Energiequellen verwandelt wird.
Die Pyrolyse hat den Vorteil, daß dieselben Technologien angewendet werden können, die heute zur Verarbeitung von fossilen Rohstoffen wie Kohle und Erdöl genutzt werden. Zwar ist die Verbrennung von Kohle und Erdöl im Sinne des Verhältnisses von Einsatz zu Ertrag effizienter, unter den Gesichtspunkten des Umweltschutzes und der gesamten Wirtschaftlichkeit hat das Pyrolyseverfahren jedoch viele Vorteile.
Pyrolyseanlagen werden täglich in drei Schichten arbeiten. Die dort gewonnene Holzkohle und das Heizöl enthalten etwa 68 Prozent der Energie der unverarbeiteten Biomasse. Diese Holzkohle hat fast denselben Heizwert (in BTU) wie Kohle, enthält aber praktisch keinen Schwefel.
Pyrolytisches Heizöl hat dieselben Eigenschaften wie Heizöl der Klassen 2 und 6. Die gewonnene Holzkohle kann mit der Bahn billig zu allen städtischen Elektrizitätswerken transportiert werden, das Heizöl in Tanklastwagen; dadurch entstehen neue Arbeitsplätze für die Amerikaner. Wenn in diesen Kraftwerken pyrolytische Holzkohle statt fossiler Kohle verheizt wird, wird auch das Problem des sauren Regens langsam verschwinden.
Liefert dieses Energiesystem eines Tages genügend Öl für die Elektrizitätskraftwerke, dann wird es sich lohnen, komplexe Gasraffinerien zu errichten, um Methanol aus der Biomasse zu gewinnen oder durch Erweiterung solcher Anlagen synthetisches Benzin aus dem Methanol herzustellen.
Es muß also allen Farmern erlaubt werden, eine Pflanze anzubauen, die in 90 bis 120 Tagen 10 Tonnen Biomasse pro Morgen Land (4 Morgen = 1 ha) produziert. Diese Pflanze muß holzig sein, also einen hohen Holzzelluloseanteil haben, und in allen Klimazonen Amerikas gedeihen.
Gleichzeitig sollte sie auf fruchtbarem Boden nicht mit solchen Pflanzen konkurrieren, die der Nahrungsgewinnung dienen, sondern entweder abwechselnd mit diesen Pflanzen oder in Randgebieten angebaut werden, wo mit anderer Bepflanzung kein Gewinn zu erzielen ist.
Ist für den Farmer durch den Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung ein Profit zu erzielen, wird es nicht lange dauern, und 6 Prozent des amerikanischen Festlandes sind in dieser Weise kultiviert – genug, um unsere Wirtschaft von fossilen Energiequellen unabhängig zu machen. Wir werden dann die Atmosphäre nicht länger mit CO2 belasten und können den bedrohlichen Treibhauseffekt mit seinen katastrophalen Folgen für das Klima vermindern.
Wegen der Transportkosten sollten die Pyrolysekraftwerke nicht weiter als 50 Meilen von den Biomasse produzierenden Farmen entfernt sein. Unsere Kleinstädte werden durch die neuen Arbeitsplätze wieder mit Betriebsamkeit erfüllt sein.
Von allen nachwachsenden Rohstoffen ist Hanf die zur Energiegewinnung am besten geeignete Pflanze: Auf einem Morgen Land lassen sich in vier Monaten 10 Tonnen Biomasse produzieren. Es handelt sich um eine holzhaltige Pflanze mit einem Zelluloseanteil von 77 Prozent. Holz enthält 60 Prozent Zellulose.
Diese energiespendende Pflanze kann mit den gebräuchlichen Maschinen geerntet und mit leicht modifizierten Heuballenpressen transportfähig gemacht werden. Diese Methode komprimiert das Volumen und verringert somit auch die Transportkosten von den Feldern zu den Pryrolyseanlagen. Die Ballen können dort einfach verbrannt werden.
Hanf ist unempfindlich gegen Dürre und eignet sich deshalb gut für die trockenen Regionen im Westen der Vereinigten Staaten. Nur mit der aus Hanf gewonnenen Biomasse kann sich dieses Land energiepolitisch unabhängig machen. Und diese natürliche Ressource hat unsere Regierung 1938 verboten!
Denken wir daran, daß Amerika in 10 Jahren, im Jahr 2000, 80 Prozent seiner Erdölreserven aufgezehrt hat. Werden wir dann gegen die Araber nur wegen des Privilegs, Auto fahren zu können, in den Krieg ziehen? Werden wir unser Land mit Kohleminen durchziehen und unsere Luft vergiften, damit wir noch einmal 100 Jahre Auto fahren können? Wollen wir unsere Wälder wegen des steigenden Energiebedarfs kahlschlagen?
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Hanflieferungen aus Asien von Japan unterbunden. Die Regierung antwortete in dieser Notlage mit der Aufhebung des Marihuanaverbots. Vaterländisch gesinnte amerikanische Farmer wurden aufgefordert, sich eine Lizenz für den Hanfanbau zu besorgen, und sie reagierten enthusiastisch. Auf vielen hunderttausend Morgen Land wuchs wieder Hanf.
Das gegen den Hanfanbau vorgebrachte Argument ist nicht stichhaltig: Hanf, der zur Gewinnung von Biomasse angebaut wird, liefert sehr schlechtes Marihuana. Die 20 bis 40 Millionen Amerikaner, die Marihuana rauchen, werden das aus diesem Hanf gewonnene Marihuana kaum nehmen, so daß die von Farmern geerntete Biomasse zur Marihuanagewinnung wertlos ist.
Leider tauchen die Option der thermochemischen Umwandlung unter den Vorschlägen zur Nutzung von Hanf nicht aktuell nicht mehr auf.
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