Mit einer Pressekonferenz am 19. Dezember 2019 hat das »Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft« (BMEL) die neue Ackerbaustrategie vorgestellt. Es wird versprochen, dass »für die kommenden 15 Jahre nun eine Perspektive für einen ressourcenschonenden und stabilen Ackerbau geschaffen [wird], der auch ökonomisch für die Landwirte tragfähig ist«. Das in der Pressemitteilung 258 erwähnte Dokument ist als Download verfügbar.
Tatsächlich werden werden einige Punkte aufgegriffen, die schon länger von Kritikern der bisherigen Agrarpolitik thematisiert worden sind und dadurch in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen wurden (Humusaufbau, Biodiversität, Bienensterben, erweiterte Fruchtfolgen).
Bereits im ersten Abschnitt, wo es um den Boden als »Produktionsgrundlage für die Landwirtschaft« und als »Standort für die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel« geht, wird darauf hingewiesen, dass der Boden mit seinen »2,5 Mrd. Tonnen organischem Kohlenstoff der größte terrestrische Kohlenstoffspeicher in Deutschland« ist und deshalb in der Klimapolitik ein wichtiger Faktor ist.
Die allgemein bekannten Vorschläge in diesem Bereich blenden allerdings die Biokohle aus, so wie in dem gesamten Text der Ackerbaustrategie die Biokohle mit keinem Wort erwähnt wird. So heisst es auf Seite 20 lediglich:
Humusaufbau
Mit Humus wird die Gesamtheit der abgestorbenen organischen Substanz im Boden bezeichnet. Humus spielt eine wichtige Rolle für eine Vielzahl der Bodenfunktionen, und ist damit ein entscheidender Faktor für die Bodenfruchtbarkeit. Zum Humusaufbau tragen beispielsweise eine ausgewogene und vielfältige Fruchtfolge, der Anbau von Zwischenfrüchten, die Zufuhr organischer Reststoffe und die organische Düngung bei. Wichtig ist auch ein aktives Bodenleben und ein optimaler pH-Wert des Bodens.
Leider wird versäumt darauf hinzuweisen, dass sich Biokohle nachweislich vorteilhaft auf die genannten Bodenfunktionen auswirkt. Und zwar in Kombination mit anderen Effekten, die an anderer Stelle als Probleme benannt werden. So werden auf Seite 29 auf die »Nitratfrachten« erwähnt und auf Seite 37 ist von »Trockenstress« die Rede. Beides Themen, wo die Biokohle hilfreich sein kann.
Dabei hätte man es wissen können. Unter den von der Bundesministerin Julia Klöckner genannten Fachleuten, die an der Erarbeitung der Ackerbaustrategie beteiligt waren, ist auch das Thünen-Institut in Braunschweig erwähnt, das 2018 in seinem Working Paper 112 (PDF) zum Thema »Die 4-Promille-Initiative „Böden für Ernährungssicherung und Klima“« eine »Wissenschaftliche Bewertung und Diskussion möglicher Beiträge in Deutschland« vorgenommen hatte. Der Abschnitt 3.6 hat die Überschrift »Biokohle als Bodenzusatzstoff« und fasst die hinlänglich bekannten Ergebnisse zusammen, spricht aber vor allem gewisse Probleme an: »Für die praktische Anwendung von Biokohle aus anderen biogenen Materialien fehlen derzeit innerhalb der EU und Deutschlands die rechtlichen Rahmenbedingungen.« und sieht ansonsten weiteren Forschungsbedarf.
Die Massnahmen zur Umsetzung der Ackerbaustrategie sind in einem Schaubild auf den Setien 57 und 58 zusammengestellt. Die Biokohle-Lobby kann sich auf die markierten drei Bereiche (Bildung&Beratung, Klimaschutz, Klimaanpassung) konzentrieren und hoffen, dass die unzählige Male dokumentierten Wirkungen irgendwann einmal anerkannte werden.
Es fällt auf, dass auch andere Themen unter den Tisch gefallen sind. So gibt es kein Wort zum Thema »Agro-Forst«, das noch Ende November in der Jahrestagung des Fachverbands Pflanzenkohle von zwei Referenten (Hans Söhl, Daniel Kray) behandelt wurde. Die »Ackerrandbepflanzung« erhöht nicht nur die Biodiversität, sondern trägt auch zur Energieversorgung bei.
Die Ackerbaustrategie kümmert sich hauptsächlich um den Pflanzenbau. Die Tierproduktion tritt nur als Nachfrager für Futterpflanzen und Lieferant für Gülle in Erscheinung. Dabei ist Futterkohle wegen der genannten Restriktionen im Düngerecht im Moment die einfachste Methode die Kohle auf dem Umweg durch das tierische Verdauungssystem auf den Acker zu bringen.
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