Bodenfelde Reichert Retorte

HOLZVERKOHLUNG

Dr. Horst-Günter Brocksiepe

Degussa AG Werk Bodenfelde

Beitrag beim Seminar Thermochemische Gaserzeugung aus Biomasse der KFA Jülich 1981, Seite 

Mit Holzverkohlung bezeichnet man die unter verminderter Luftzufuhr (Meiler) bzw. Luftabschluß (Retorte) durchge­führte Pyrolyse des Holzes, die zur Bildung von Holzkohle Holzgas und einer als Rohholzessig bezeichneten teerig­wässrigen Flüssigkeit führt.

1 . Geschichtliche Entwicklung

Obwohl die Holzverkohlung, so wie wir sie heute betrei­ben, verhältnismässig jung ist, liegt ihr Ursprung im Dunkel vorgeschichtlicher Zeiten.

Holz wurde früher in Gruben und Meilern (Bild 1) verkohlt, wöbei auch schon in darunter befindlichen Mulden flüssige Holzdestillations­Produkte gewonnen wurden. So berichtet uns Plinius [1] über die Verwendung von Holzteer zum Imprägnieren von Schiffen und Fischnetzen . Er gibt ferner bereits eine sehr genaue Beschreibung der damals geübten Praxis der Holzverkoh1ung, die sich kaum von der bis Ende des 18. Jahrhunderts durchgeführten Meilerei unterschied.

Nach seinem Bericht wurde Holzkohle nicht nur für metallurgische Zwecke, sondern auch zum Kochen und zum Beheizen der Wohnungen verwandt.

Die in bedeutendem Umfang durchgeführte Holzverkohlung fällt zeitlich mit der Entwicklung des Bergbaus und der Gewinnung der Metalle zusammen. Obwohl Glauber [2] schon 1653 auf die Identität der Säure im Destillat der Ver­kohlung mit der des aus Wein gewonnenen Gärungsessigs hingewiesen hatte, wurden dennoch seine Anregungen zur Gewinnung des flüssigen Destillats damals nicht aufgegriffen. Es dauerte bis zum Ende des 18. Jahr­hunderts, ehe man anfing, zunächst in gemauerten Öfen und später auch in schmiedeeisernen, zylindrischen Retorten von 2 – 2 5 m3 Inhalt die Verkohlung durchzuführen (S. 75/43).

Die Anwendung der Retorten gestattete gleichzeitig die restlose Erfassung der bis dahin fast unbeachteten flüssigen Destillationsprodukte, deren Wert man kennen – und schätzen !ernte, je mehr die Chemie in die Bahn rein wissenschaftlicher Forschung eintrat. So gelang bereits um 1800 die Darstellung von schmackhafter Essigsäure, die ab 1870 in grösseren Mengen für Speisezwecke herge­stellt wurde. Später folgte die Gewinnung von Methanol, Methylacetat und Aceton. Diese Stoffe waren damals für die Herstellung der Anilin-Farben [3] sehr gefragt , und ihre Bedeutung für die Holzverkohlung schwand erst, als man sie synthetisch günstiger herstellen konnte.

Wie im Altertum sind die Holzkohle und der Holzteer {Pyrolyseöl} heute wieder die einzig und allein gewollten Produkte der Verkohlung.

2. Holzkohleerzeugung

Weltweit werden in Meilern und Retorten (industrielle Verkohlung) ca. 8-9 Mio t Holzkohle pro Jahr erzeugt. Davon entfal1en auf folgende Länder:

  • Brasilien ca. 4.500 Mio t/a
  • USA ca. 1.000 Mio t/a
  • EG ca. 0.120 Mio t/a
  • davon BRD ca. 0.040 Mio t/a
  • Südosteuropa ca.t 0.100 Mio t/a

3. Erzeugnisse der Holzverkohlung

3.1 Ausbeute

Bezogen auf die Holztrockensubstanz erhält man bei der Verkohlung von Buchenholz nach dem Degussa Spül­gasverfahren folgende Ausbeuten (S 1)

  • 34.7 % Holzkohle
  • 7.0 % Essigsäure
  • 2.1 % Holzgeist
  • 12,5 % Holzteer
  • 18.7 % Holzgas
  • 2 5,0 % Reaktionswasser

Das Materialfliessbild (Bild 2) zeigt die einzelnen Stufen bei der Gewinnung der flüssigen Nebenprodukte.

3 . 2 Holzkohle

Buchenholzkohle besitzt einen hohen Reinheitsgrad, vorzügliches Reaktionsvermögen und gute Abriebhärte . Der Aschegehalt liegt zwischen 1,0 und 1,5 %. Je nach Verkohlungsendtemperatur liegt der Kohlenstoffgehalt (berechnet als fixer Kohlenstoff) zwischen 80 – 85%. Daneben sind 15 – 18% flüchtige Bestandteile vor­handen, die beim Erhitzen auf 1000° als Wasserstoff (ca. 4 %) , Methan und Sauerstoff (ca. 12%) entweichen . Das Schüttgewicht der Holzkohle liegt bei 220 kg/m3 .

29 – 33 KJ/g beträgt der untere Heizwert, und der vom C-Gehalt abhängige Zündpunkt der Kohle liegt bei 200 – 250 °C. Die scheinbare Dichte von Buchenholzkohle beträgt 0,45 und die wahre Dichte 1,1 – 1,5.

In der Holzkohle ist die ursprüngliche Struktur des Holzes weitgehend erhalten, daher beträgt ihr Porenvolumen bis zu 70 %. Hieraus leitet sich die hohe Reaktionsfähigkeit ab, die Voraussetzung ist für ihre Weiterverarbeitung zu Aktivkohle (Degussa) und ihre Verwendung zur Erzeugung von Natriumcyanid (Degussa) und Schwefelkohlenstoff. Darüber hinaus wird sie zur Gewinnung von Silizium, Ferro-Silizium und anderen Ferrolegierungen, zur Raffination von Kupfer und zur Gewinnung von S-freiem Eisen eingesetzt. Sie dient zur Oxidationsverhütung von Metallbädern, zur Aufkohlung im Elektro-Ofen und zur Gewinnung von Aluminium. Man findet sie im Haushalt als Anfeuerkohle und als Koch – bzw. Grillkohle bei der Zubereitung von Speisen. (Bild 3}

3.3 Holzgas

Es fallen pro t HTS ca. 13.0 Nm3 Holzgas an, das zu ca. 52% aus Kohlendioxid, 34% Kohlenoxid, 10% Methan, 4% Wasserstoff und Äthylen besteht. Sein unterer Heiz­wert liegt bei 8.800 KJ/Nm3, entsprechend 6,5 % vom Wärmeinhalt des absolut trockenen angewandten Holzes. Das Holzgas wird zum Beheizen der Holzvortrocknung oder der Retorten verwandt.

3.4 Rohholzessig

Rohholzessig ist eine saure, teerig-wässrige Flüssig­keit, aus der sich ca. 7,5% Teer abscheiden. Die wässrige Phase enthält dann noch etwa 11 % Essigsäure, 3% Holzgeist, 1% gelösten Teer und 79% Wasser. Der Rohholzessig kann wahlweise zu Methylacetat aufgearbeitet werden, oder man trennt separat den Holzgeist ab und gewinnt aus dem verbleibenden Holzessig durch Flüssig-Flüssig-Extraktion Essigsäure. Diese wird zu verschiedenen technisch und chemisch reinen Qualitäten sowie zu Essigessenz für Speisezwecke aufgearbeitet.

3.5 Holzgeist

Mit Holzgeist bezeichnet man alle bis 100 °C siedenden Bestandteile des Rohholzessigs, die etwa aus 65 % Methanol 15% Aceton, 15% Methylacetat, 5% Aldehyden Ketonen und Holzöl gebildet werden.

3.6 Holzteer

Holzteer scheidet sich zunächst aus dem Rohholzessig ab und fällt an vielen Stellen bei der Aufarbeitung des Rohholzessigs an, sobald sich die Lösungsverhältnisse ändern. Er ist ein komplexes Gemisch von ca. 400 organischen Verbindungen, von denen ein großer Teil hochmolekularer Natur ist. Nach dem Ver­halten des Holzteers gegenüber Wasser kann man zwei Gruppen unterscheiden .

  • Die 1. Gruppe, der wasserlösliche Teere, wurde aus der Cellulose und Hemicellulose gebildet. Er enthält Zucker und zuckerartige Verbindungen, Maltol, Methyl-cyclopentenolon, Valerolakton und ähnliche Stoffe.
  • Die 2. Gruppe ist, bedingt durch ihren aromatischen Charakter, schwer in Wasser löslich. Dieser Teer wurde bei der Zersetzung des Lignins gebildet und enthält Phenole sowie deren Derivate.

Man verwendet Holzteer als Bindemittel für geformte Aktivkohle, Imprägnierungsmittel und zur Herstellung von Pech, Kreosot und Guajakol.

Theorie der Holzverkoh1ung

4 .1 Ablauf des Verkohlungsprozesses

Die Pyrolyse des Holzes stellt einen sehr unüber­sichtlichen Prozess dar, dessen Ablauf in folgende charakteristische Perioden unterteilt werden kann.

1. Bis ca. 150 °C findet die Entfernung des freien und gebundenen Wassers unter geringfügiger Bildung von Essigsäure, Ameisensäure, Kohlenoxid und Kohlendioxid statt.

2. Bis 270 °C treten zunehmende Mengen Reaktionswasser, Methylalkohol, Essigsäure, Kohlendioxid und Kohlenoxid auf.

3. Bei 280 °C steigt die Innentemperatur der Retorte über die der Aussentemperatur an. Hierdurch wird das Eintreten einer exothermen Reaktion gekenn­zeichnet, die spontan abläuft und grosse Gas- und Destillatmengen bringt. Vornehmlich treten jetzt Essigsäure, Methanol und Teer sowie Wasserstoff Methan und Äthylen auf. Die frei werdende Wärmemenge beträgt ca. 8-10% vom Wärme Inhalt des Holzes.

4. Bis 380 ° C folgt ein Temperaturanstieg ohne weitere Wärmezufuhr von aussen. Gas- und Destillatmengen werden geringer.

5. Durch Nachheizen wird die in der Retorte gemessene Temperatur auf 400 – 450° gebracht, wobei kaum noch flüssige Produkte, lediglich etwas Teer, Methan und Wasserstoff entweichen.

4.2 Betrachtungen über Möglichkeiten des Reaktionsablaufs

Vom Mechanismus der thermischen Zersetzung des Holzes ist recht wenig bekannt, da verschiedenste Reaktionen gleichzeitig erfolgen. Es ist anzunehmen, dass bei dem bis 270 °C erfolgenden schonenden Zersetzungsprozess die Eigenart der Zerfal1sprodukte durch primäre Reaktionen , wie Hydrolyse und Isomerisierung bestimmt wird. Dabei entstehen zunächst Substanzen, die neben offenen Ketten auch Ringe bilden, wie das Auftreten von Essig­säure, Glucose, Fruktose, Rhamnose und Lävoglucosan be­stätigt (S 14, 15). Dagegen verlauft die exotherme Periode ab 280 ° als Kettenreaktion unter Spaltung von Molekülen und deren erneuter Verknüpfung durch Kondensation und Polymerisation. Hier überwiegen die sekundären Reaktionen. Von den verschiedenen Auffassungen über den thermischen Zerfall ist die Theorie der freien Radikale nach Reiss für diesen Teil des Verkohlungsprozesses am naheliegendsten.

Essigsäure und Methanol entstehen vornehmlich aus der Hemicellulose, das Methanol aus den Methoxyl-Gruppen und die Essigsäure über die Acetyl-Gruppen ent­haltenden Stoffe wie Methylcyclopentenolon, Maltol (3-Hydroxy-2-methylpyron-4) , Acetol und Methylglyoxal (S 16).

Das Lignin liefert in erster Linie Holzkohle und Teer. Bedingt durch seinen hohen C-Gehalt und den aromatischen Charakter seines Aufbaus erfolgt die Zersetzung hier bei viel höheren Temperaturen als die Zersetzung der Holocellulose.

5 . Praxis der Holzverkohlung

5 . 1 Der Rohstoff Holz

Das zur Verkohlung benötigte Rohmaterial ist Laubholz in Brennholzqualität sowie Abfallhölzer, die im Walde und bei der mechanischen Bearbeitung von Laubnutzhölzern anfal1en. Ausser Buchenholz werden auch andere Laubhölzer wie Eiche , Birke und Esche in geringen Anteilen mit verarbeitet. Gegenüber anderen Holzarten ist die Buche der in Deutschland am meisten verbreitete Laubbaum und ergibt bei der Verkohlung die besten Ausbeuten an Flüssigkeiten sowie eine feste , reaktionsfreudige Holzkohle. Ausbeute und Holzkohlenqualität entsprechen bei der Verkohlung anderer Hölzer nicht den guten Ergebnissen der Buche.

Die Verkohlung von Nadelhölzern ergibt eine sehr weiche und aschereiche Holzkohle. Ausser Holz können auch alle anderen Rohstoffe vegetabilischen Ursprungs wie Maiskolben, Nussschalen, Obstkerne, kurzweg alle unter den Begriff Biomasse fallenden Stoffe verkohlt werden.

5 . 2 Bestandteile des Holzes

Es besteht aus den drei Grundsubstanzen: (Werte für Rotbuche)

  • 42 % Cellulose

  • 36 % Hemicellulose

  • 22 % Lignin.

Die zwei Erstgenannten bilden die Holocellulose (S 12), von denen die Cellulose als Grundstoff des Zellaufbaus betrachtet werden kann. Sie ist ein Polysaccharid und besteht aus Kettenmolekülen, die aus den Grundbau­steinen ß-D-Glucose durch glucosidische Verknüpfung in 1 ,4-Stel1ung gebildet wird. Der durchschnittliche Polymerisationsgrad beträgt 4 – 8.000.

Der Cellulose ähnlich ist die Hemicellulose. Sie wird aus Pentosanen und Hexosanen gebildet, die im Vergleich zu Cel1 ulose in ihrer chemisch-physikalischen Art da – durch gekennzeichnet sind, dass ihr Durchschnitts­Polymerisationsgrad mit etwa 140 wesentlich niedriger liegt als der der Cellulose. Der Hemicellulose sind ferner carboxylhaltige Derivate zuzurechnen, die in Form von Polyuroniden vorliegen. Darüber hinaus sind Acetyl – und Methoxyl-Gruppen vorhanden.

Im Gegensatz zur cyclo-aliphatisehen Kettenstruktur der Kohlenhydrat-Baustoffe besteht das Lignin aus aromatischen methoxylhaltigen p-Hydroxypheny1propen- Einheiten, die nach Freudenberg [6] eine dreidimensional vernetzte Struktur besitzen (S 13),

5.3 Wassergeha1t des Holzes

Im frisch gefällten Baum beträgt die Feuchtigkeit etwa 40 – 50%. Sie ist zum grossen Teil in den Zellhohlräumen gespeichert und wird freie Feuchtigkeit
genannt. Der restliche Wassergehalt durchdringt den Zellaufbau. Daher bezeichnet man ihn auch als hygroskopische oder gebundene Feuchtigkeit.

Für die gebundene Feuchtigkeit gilt das Gesetz des hygroskopischen Gleichgewichts d.h. die Feuchtigkeits­bewegung erfolgt in Abhängigkeit von Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur (S 28 u. 29).

Die Erfahrung hat gezeigt, dass gespaltenes Buchen­schichtholz nach dem Einschlag während der ersten 8 Monate einen Wassergehalt von 22 % annimmt, der in den Wintermonaten wieder bis auf 28 % steigt, um erst in den darauffolgenden Sommermonaten zwischen 18 – 20 % einzupendeln (S 30). Da verkohlungsfertiges Holz 15 – 18 % Wasser enthalten soll, ist es erforderlich, das Holz auf natürlichem Wege durch entsprechend lange Lagerung oder künstlich in einem Trockner – am besten unter Aus­nutzung von Abwärme – zu entwässern.

Bei dem geforderten Wassergehalt im verkohlungsfertigen Holz lässt sich die Verkohlung mit geringem Energieaufwand betreiben, bzw. sie ist wärmeautark. Ausserdem kohlt trockenes Holz besser durch, und es bilden sich keine halbverkohlten Holzstücke, die wegen ihrer röt­lichen Farbe als Füchse oder Brände bezeichnet werden. Auch nimmt die Durchsatzleistung der Verkohlungseinheit mit abnehmendem Wassergehalt zu. Ausserdem muss bei der anschliessenden Destillation und Extraktion der Flüssig­produkte kein zusätzliches Wasser als Ballast mitge­schleppt werden .

5.4 Holzvortrocknung

Von den Lagerplätzen wird das Holz, soweit es sich um noch zu trocknendes Holz handelt, über einen Kippkübelaufzug bei (h) in den Vertikaltrockner gefördert, der in (S 2) dargestellt wird. Im Prinzip handelt es sich hierbei um einen stehenden Zylinder (c) . Der Trockner ist stets gefüllt, lediglich in dem kleinen aufgesetzten Zylinder schwankt das Niveau geringfügig, da Beschickung und Entnahme vollautomatisch gesteuert werden. Das getrocknete Holz fallt durch den Holzauswurf (d) auf ein weiteres Förderband, durch das es in die Verkohlungs­retorten transportiert wird. Die Trocknung erfolgt durch 165°C heisse Umwälzluft, die in einer Heizkammer (a) durch Verkohlungsgas oder Teer direkt aufgeheizt wird. Durch einen Umwalzventilator (b) wird sie in die Mitte des Trockners gefördert und teilt sich hier in einen aufsteigenden und einen abfallenden Strom. Oben und unten werden die Umwälzgase abgesaugt und wieder der Brennkammer zugeführt. Durch den Brüden-Venti1ator (g) wird aus der oberen Umwälzleitung mit Wasserdampf ge­sättigte Luft abgesaugt (S 43) .

Zur Erreichung einer Abnahme der Holzfeuchtigkeit von 40 – 45 % auf 15 – 20 % wird eine Verweilzeit im Trockner von etwa 16 – 18 Stunden benötigt. Zur Verdampfung von 1 kg Wasser werden 3.600 KJ aufgewendet. Der Stromverbrauch beträgt 6 – 7 kWh pro t getrockneten Holzes.

Kleinstückige Biomasse kann günstig im Drehrohr ge­trocknet werden.

5.5 Die Verkohlung in Grossraumretorten nach dem Gasumwälzverfahren .

Die Einführung der in (S 3) gezeigten Grossraumretorte mit direkter Beheizung durch Umwälzgase war ein ent­scheidender Schritt zur Modernisierung der Holzver­kohlungsverfahren.

Diese Retorte bietet zunächst den Vorteil besserer Raumausnutzung, und das kleinstückige Holz kann im Gegensatz zu anderen Verfahren ohne manuelle Arbeit mechanisch aufgenommen und eingefahren werden. Die direkte Wärmezufuhr durch die Umwälz- oder Spülgase ist wärmewirtschaftlich günstiger als die indirekte Beheizung.

Schliesslich ist der Verkohlungsprozess schonender, da durch die Spülgase die Reaktionsprodukte sofort entfernt werden. Dadurch werden Sekundärreaktionen, wie z.B. Bildung von Aceton, eingeschränkt, wodurch die Ausbeute an Essigsäure steigt. Ausserdem fällt mehr Teer an, der bei den bisher üblichen Verfahren unter Bildung von Sekundärkohle gecrackt wurde.

(S 3) stellt die Verkohlung nach dem Gasumwälzverfahren dar. Die Retorte (a) ist ein oben und unten konisch ausgebildeter stehender Zylinder von 100 m3 Inhalt.

Die einzelnen Retorten, von denen 6- 7 eine Verkohlungs­einheit bilden und von denen immer 5 – 6 in Betrieb sind, werden über Förderbänder chargenweise beschickt. Be­heizt werden die Retorten durch ca. 480 – 550°C heisse Umwälzgase, die direkt oben in die Retorte eingeführt werden und den nach unten fortlaufenden Verkohlungs­prozess in Gang bringen. Dabei nehmen die Umwälz- oder Spülgase die flüchtigen Destillationsprodukte auf, die in Kühlern (b, c) kondensiert werden und den Rohholzessig bilden, der in einem Absetzbottich (d) gesammelt wird.

Die Umwalzgase werden anschliessend in Gaswäschern (f) gereinigt und durch ein Umwälzgebläse (h) in Röhrengaserhitzer (g) gefördert. Hier wird das Umwälzgas aufgeheizt und wieder den Retorten zugeführt, womit der Kreislauf geschlossen ist. Das bei der Verkohlung entstehende Holz­gas wird aus dem Kreislauf entfernt und an die Ver­braucher abgegeben.

Als Rückstand des ca. 10 – 15 Stunden dauernden Ver­kohlungsprozesses verbleibt die Holzkohle in den Retorten.

Sie wird in darunterliegende Kühlbunker abgelassen, in denen sie zunächst abgekühlt und anschliessend zur Nachoxidation mit Luft gesättigt wird. Aus den Kühlbunkern gelangt die Holzkohle über Transportbänder zu einer Sortier- und Bunkeranlage. Hier wird sie in verschiedene Körnungen zerlegt und zum Versand in loser Form zwischengebunkert oder in Jute- bzw. Papier­säcke abgefüllt.

Das Arbeiten mit heissen Spülgasen erlaubt es, Holzkohle mit vorausbestimmtem Kohlenstoffgehalt zu erzeugen, da dieser von der in engen Temperaturgrenzen konstant zu haltenden Verkohlungs- und Verkohlungsendtemperatur abhängt. Bei 400 – 420 °C beträgt der Kohlenstoffgehalt ca. 80 % bei 460 – 480 °C ca. 84% und bei 480 – 550 ° C ca. 86%.

Einschliesslich der Holzvortrocknung werden zur Erzeugung von 1 kg Holzkohle folgende Energien benötigt: Wärme 1,7 – 2,5 MJ, Strom 0,1 kWh, Wasser 0,05 m3. Der Wärme­bedarf wird bei genügend (18% Wasser) trockenem Holz aus dem Holzgaas und einem geringen Teil des Holzteers ge­deckt [4] .

Die Spülgasretorte kann auch kontinuierlich arbeitend ausgeführt werden (S 80/61).

6. Weitere heute übliche Verkohlungsverfahren

In zunehmendem Masse werden kontinuierlich arbeitende Verkohlungseinheiten für kleinstückige Biomasse entwickelt, die teils ohne Nebenproduktgewinnung arbeiten bzw. nur der Holzteer (=Pyro1yseöl = Bio-öl) gewonnen wird. Da bei diesen Anlagen die zur Verkohlung erforderliche Energie durch partielle Verbrennung der Reaktionsgase und des Holzes bzw. der Holzkohle erfolgt, liegt die Holzkohle-Ausbeute nie­driger als beim Retortenverfahren, und zwar nur bei 20 – 25% der Holztrockensubstanz. Diese Verfahren haben jedoch den Vorteil, zu Lasten der Holzkohle-Ausbeute mehr Holzgas zu erzeugen.

Die erzeugte kleinstückige Holzkohle kann entweder fein­gemahlen in Kohlestaubbrennern verfeuert werden, oder sie wird nach Hinzufügen eines Bindemittels zu Holzkohle­briketts verarbeitet (S 75/32) [6]

Anlagen, die wie voraufgehend beschrieben arbeiten, sind:

  • Drehrohr

  • z.B. System Kiener, Degussa AG Etagenofen KT VA-An 1a ge

  • ERCO Wirbelschichtvergasung Thermex-Reaktor

(S 81/66) (S 80/62) (S 81/65) (S 81/63} (S 81/64)

[1] Plinius ( 23- 79 ): Historia naturalis , lib. 11, de pice

121 G1auber (16o9-167o): Miraculum mundi, 1653 .

[3] M. Klar: Technologie der Holzverkohlung, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin 1923

[4] Winnacker-Küchler Bd. 3, S, 417-435

151 DEGUSSA, DRP 666 387 (1932), 712 552, 713 290, 744 135 (1937 )

[6] Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie 4. Auf 1. Bd. 12, S. 703 -705