Kohlen und Pflanzenwachstum

In den 1930er Jahren gehörte die Verwendung von Kohle bei Gärtnern noch zur gängigen Praxis. So bemerkt Prof. Vale Vouk aus Zagreb:

Es ist ein altbekannter Gebrauch der Gärtner, daß zu der Komposterde, die für Topfkulturen benützt wird, etwas wenig Holzkohle oder auch Ruß beigemischt wird.

Schmidlin’s Gartenbuch: Praktische Anleitung zur Anlage und Bestellung der Haus- und Wirtschafsgärten, Seite 913, 1892, 9. Auflage

Diese Praxis wird auch oft in den gärtnerischen Handbüchern erwähnt. In dem alten, mir zur Verfügung stehenden Schmiedlin’s Gartenbuch (1887, p. 902) wird z. B. erklärt, daß die Holzkohle »die Erde locker macht, verhindert Fäulnis und befördert die Wurzelbildung ausnehmend«. Diese Verwendung der Kohle als Beimischung zur Gartenerde ist überall üblich, und als ich bei Gärtnern in dem mir unterstehenden Botanischen Garten um den Grund dieser Praxis nachforschte, bekam ich meistens die Antwort, daß die Beimischung der Kohle für das Pflanzengedeihen gut sei und daß die Erde dadurch nicht leicht verfaule. Es ist aber erstaunlich, daß diese Tatsache von wissenschaftlicher Seite keine entsprechende Beachtung gefunden hat.

Quelle: Kohlen und Pflanzenwachstum, Prof. Vale Vouk, aus dem Botanisch-Physiologischen Institut der Universität in Zagreb, vorgelegt in der Sitzung am 23. April. 1931

Prof. Vouk durchkämmte die Literatur und fand viele Hinweise von Praktikern, aber ein bemerkenswertes Desinteresse bei der Wissenschaft. Er schreibt:

Die Praxis des Holzkohlezusatzes zu den Gartenkulturen ist bis zum heutigen Tage erhalten, wie wir dies anfangs erwähnt haben und es ist ganz absonderlich, daß sich für diese Erscheinung die Wissenschaft nicht interessierte. Das einzige diesbezüglich finden wir in einer Studie von Prianischnikow aus dem Jahre 1914.

Er fand noch vereinzelte Hinweise aus neuerer Zeit, in denen er aber keine Antwort auf seine Fragen fand und deshalb selbst Versuche ansetzte, über deren Ergebnisse er ausführlich berichtet:

II. Versuche mit Holzkohle.
Bereits Ende des Jahres 1928 habe ich eine Reihe von Versuchen mit verschiedenen Pflanzen durchgeführt, um die Frage zu prüfen, ob der Zusatz von Holzkohle zu den Pflanzenkulturen irgend­ einen Einfluß auf das Wachstum, beziehungsweise auf den Ertrag der Pflanzen hat. Ich suchte zunächst die alte gärtnerische Erfahrung nachzuprüfen, doch war ich über die Menge der Holzkohle, die den Kulturen zugesetzt werden soll, gar nicht orientiert. Es blieb nichts anderes übrig, als selbst Erfahrung zu sammeln, bis ich endlich zu dem Normalmaß für alle auch späteren Experimente kam und Zusätze von 5, 10, 25, 50 Volumteile feinzerstoßener Buchenkohle auf 100 Volumteile der Versuchserde wählte.

Die für ihn überraschenden Ergebnisse fasst er wie folgt zusammen:

  1. Der Zusatz von Holzkohle zum Kulturboden von mehr als 10 auf 100 Volumteile
    wirkt auf die Pflanzen schädigend;
  2.  der Zusatz von 5 bis 10 auf 100 Teile von Holzkohle zum Kulturboden wirkte in
    einigen Fällen (Hordeum , Cichorium, Sinapis) günstig auf die Pflanzen, indem der Ertrag an Trockensubstanz höchstens bis auf 10 % erhöht wurde; in einigen Fällen aber (Linum, Polygonum) zeigte sich diese günstige Wirkung überhaupt nicht.

Er überlegte, worauf die beobachtete fördernde Wirkung der Holzkohle beruhen könnte, verschiebt aber die Klärung der Frage was die hemmende Wirkung verursacht haben könnte, auf später.

Doch bereits aus diesen Vorversuchen über den Einfluß der Holzkohle dürfte man schließen, daß die Holzkohle tatsächlich keine besondere Beachtung in der Pflanzenkultur verdiene, die man ihr oft zuschreibt.

Zuviel Kohle im Boden ist nicht hilfreich

Er hatte nämlich bei diesen Untersuchungen durch Zufall entdeckt, dass es Kohlesorten gibt, die eine viel kräftigere Wirkung zeigten und konzentrierte sich auf Düngeversuche mit Braunkohle:

…… anstatt Holzkohle den feinen Staub einer Braunkohle, die wir zu Heizzwecken des Gewächshauses benutzt haben, zu verwenden. Der Erfolg dieses Versuches, der mit Sinapis alba ausgeführt wurde, war äußerst überraschend. Es zeigte sich bei Kulturen sogar bei Zusatz von 50/100 Braunkohlenstaub keine schädigende Wirkung, vielmehr kam die fördernde Wirkung der Braunkohle auf das allgemeine Wachstum der Pflanzen zum Vorschein. Die Pflanzen wuchsen zwar etwas langsamer in die Höhe als jene ohne Zusatz von Braunkohle, doch das Blattlaub entwickelte sich stärker und zeigte eine dunklere Grünfärbung. Durch dieses üppigere vegetative Wachstum wurde die Blütenbildung zwar zeitlich verzögert, aber deshalb war sie viel reichlicher. Wir hatten also vor uns ganz neue Tatsachen, die, wie oben gesagt, wertvoller zu untersuchen schienen als die Frage der Holzkohlewirkung.

Weil die Pflanzen sogar in reiner Braunkohle üppig gediehen, wurden 31 Proben von verschiedenen Braunkohlen in Jugoslawien untersucht, die en sehr uneinheitliches Verhalten zeigten:

Von 31 untersuchten verschiedenen Braunkohlen (Lignite, Erd-, Pech- und Glanzkohlen) zeigten nur wenige die wachstumsfördernde Wirkung auf Sinapis-Kulturen. Die meisten davon wirkten sogar wachstumshemmend.

Die verschiedenen Kohlenarten wirken also nicht gleichartig, und es war allerdings verfrüht, die Wirkung der Braunkohle auf das Pflanzenwachstum zu verallgemeinern, wie dies Kissel gemacht hat, denn es hat sich hier herausgestellt, daß viele Braunkohlenarten sogar wachstumshemmend wirken. Dieses Ergebnis des Versuches ist zwar interessant, doch das Problem der Wirkung kompliziert sich dadurch desto mehr. Uber die Möglichkeit der Deutung der spezifischen wachstumsfördernden Wirkung einiger Braunkohlenarten wird in einem der weiteren Kapiteln dieser Abhandlung die Rede sein.

In der Zusamenfassung räumt Prof. Vouk gewisse methodische Fehler bei den Versuchen ein und schlägt eine Widerholung unter besser kontrollierten Bedingungen vor, die allerdings nie stattfand.

VII. Die Möglichkeit der praktischen Ausnutzung der Kohle für die Pflanzenkultur.
Was zunächst die praktische Ausnutzung der Holzkohle in der Gärtnerei anbelangt, so scheint es, daß die Holzkohle für die Ernährung der Pflanzen kaum von Bedeutung ist. Wie unsere wenigen Versuche gezeigt haben, ist die Holzkohle in dieser Hinsicht für bestimmte Pflanzen von keiner Bedeutung.
Die negativen Erfolge mit einigen Pflanzen (Linum, Polygonum) beziehen sich zwar auf Sommerversuche,  und es ist fraglich, ob nicht eventuell auch hier die Jahreszeit mit im Spiele ist wie bei der Wirkung  der Braunkohle. Wenn es sich vielleicht zeigen wird, daß die Holzkohle eventuell bestimmte desinfi­zierende Eigenschaften hat, wie man es öfters sagt, so würde dies die Verwendung der Holzkohle befürworten. Übrigens muß die Wirkung der Holzkohle auf verschiedene im Gartenbau benutzte Pflanzen zunächst gründlich geprüft werden, bevor wir darüber das endgültige Urteil aussprechen können.

Die Verwendung von Braunkohle als Dünger wird bis auf den heutigen Tag praktiziert und bestimmte Qualitäten sind als Leonardit auf dem Markt.

Literatur:

Im Botanischen Centralblatt, Referierendes Organ für das Gesamtgebiet der Botanik
im Auftrage der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Verlag von Gustav Fischer in Jena, Neue Folge Band 31 (Band 173) 1938: Literatur, auf Seite 37 die Quellenangabe: Vouk, V., Neue Untersuchungen über den Einfluß von Kohle auf das Pflanzenwachstum. (Bull. Acad. Sc. Math, et Nat. Beograde 1936. Nr. 3, 265—293; 3 Textabb., 3 Taf.)

zitiert speziell zu Holzkohle

  • Appleyard A. The use of charcoal as a medium for plant growth. Journal of the Royal Horticultural Society. Vol. 40, No 3,  1914/15. Seite 473- 475
  • Domontowitsch M. und Zinzadse, Sch. Versuche zur Verbesserung der Nährlösung für höhere Pflanzen durch Zugabe von Pufferstoffen und Absorbicnten: SiO2 Fe (OH)3 und Kohle. Journal für Landwirtsch. Wisscnsch. Moskau 1928, 5, 16— 29 (Russisch). Zitiert nach Referat im Original nicht gesehen.
  • Prianischnikov D. M. Sur la question des excretions nuisiblcs des racines. Revue generale de Botanique, 1914, p. 503— 587. in Spezieller Pflanzenbau, 1930.

 

Domontowitsch, M., und Zinzadse im Botanischen Zentralblatt.

Die vorliegende Arbeit vereinigt zwei verschiedene Arbeitsmethoden und Richtungen in der Anwendung pflanzlieher Nahrlösungen. Einerseits ist die Arbeit eine direkte Fortsetzung derjenigen von Prjanischkov, Domontowitsch und Zinzadse, die die optimale Reaktion der Nahrlosungen durch Zusatz von Pufferstoffen, in Form schwer- loslicher Substanzen (CaHP04, Ca3(P04)2, FeP04 usw.) erzielten, anderseits greift sie aber auch auf die Versuche von zuriick, der durch einen Zusatz von Kohle die Nahrlosungen entgiftete.

Die Versuche ergeben, daß der Kohle eine dreifache Wirkung zugeschrieben werden muß: 1. Pufferwirkung der Kohle in sauren Nahrlosungen; 2. Wirkung der Kohle als Katalysator (Entgiftung der Nahrlosungen von dem vorhandenen NaNO3 und H2O2); 3. Wirkung der Kohle als Absorbient, wobei die Kohle auf das Wachstum der Pflanze von gunstigem Einflufi sein kann, da die organischen Gifte (Phenole, Formalin usw.), so auch anorganische Gifte (arsenige Sauren, Kupfersulfat usw.) absorbiert werden.

Die Kohle kann aber in gewissen Fallen auch einen ungünstigen Einfluß auslösen, insofern, als auch leicht lösliche organische Eisenverbindungen absorbiert werden können. Die Pflanzen werden unter Umstanden, durch Zusatz von Kohle zur Nahrlösung, in einen Zustand des Eisenhungers versetzt, was sich durch das chlorotische Aussehen der Blatter feststellen laBt. Außer mit Kohle sind auch noch Versuche mit Fe2(OH)3 und SiO2 angestellt worden. Auf Grund dieser Versuche weist Verf. nach, daB die Wirkung durch SiO2 und Fe2(OH)3 bei weitem die Wirkung der Kohle nicht zu erreichen vermag. Als Versuchspflanze diente Hafer.

 

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