Israel stoppt palästinensische Köhler

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Ein Blick in „Tal der Kohle“ aus dem Bericht des ARD Studios Tel Aviv

Bis Mitte November 2016 wurde in Palästina noch Holzkohle nach der traditionellen Methode in Meilern hergestellt. Die Köhlerei hat in Ya’bad eine lange Tradition und war für die Einwohner eine der wenigen Möglichkeiten ihren Lebenunterhalt zu verdienen. Seit mehr als 50 Jahren gibt es die Meiler an dieser Stelle und 15 Betriebe haben zusammen 1000 Beschäftigte. Oft sind es Familienbetriebe, zum Teil schon in der 3. Generation.

Grundlage des Gewerbes ist Holz, das in Israel aufgekauft wird und auch die Produktion geht zu 4/5 wieder nach Israel. Nach Angaben des israelischen Umweltministeriums handelt es sich um Holz von Zitrus- und Avocado-Plantagen. Es wird sorgfältig von Hand zu kegelförmigen Meilen aufgeschichtet und zunächst mit Stroh, dann mit Erde abgedeckt. Etwa drei Wochen brennen die Meiler, dann wird die Holzkohle wieder in Handarbeit geborgen. Fotogalerie von 2009

Schon im Frühjahr 2016 hatte es Proteste gegen die Luftverschmutzung gegeben. Die Zeitung Haaretz sprach Mitte Mai vom „Umwelt-Terror in der Westbank“ der Israelis und Palästinenser gleichermassen betreffen würde. Tali Naim, eine Mutter von drei Kindern aus der einige Kilometer entfernten Stadt Kfar Saba gab an, dass sie wegen des Rauchs ihre Kinder nicht aus dem Haus lassen könne. Man könne die Wäsche nicht draussen trocknen und sie würde unter trockener Kehle und tränenden Augen leiden. Es gab Berichte über eine auffallende Häufigkeit von Erkrankungen der Atemweg bei Kindern und sogar Krebs.

Die Belastung war schon bei einer Studie aufgefallen, die eigentlich die Wirkung von Benzo[a]pyren in Lkw-Abgasen auf Olivenöl untersuchen wollte. Die Konzentration in Ya’bad war doppelt so hoch wie bei allen anderen Proben. Das wurde auf die Meiler zurückgeführt. (American Journal of Chemistry 2012, 2(4): 234-237 Seite 237)

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Der Abtransport der Produkte aus den Köhlereien von Ya’bat (aus dem ARD Bericht)

Das ARD Studio in Tel Aviv griff das Thema auf und berichtete über die Situation im „Tal der Kohle“ mit Aufnahmen, die einen gewissen Eindruck davon vermitteln, wie in Ya’bad gearbeitet wurde. Es wird über Versuchen berichtet, eine Lösung zur Verminderung der Luftverschmutzung zu finden. Allerdings fehlte dem Reporter Markus Rosch  jegliches technische Verständnis für die Erklärungen des Köhleres, der seit Jahrzehnten im Geschäft ist. Offensichtlich sind diejenigen, die unmittelbar an den Meilern arbeiten, weniger von den rauchigen Schwaden betroffen und klagen nicht über Gesundheitsprobleme. Eine schmierige Schicht von Russ findet sich allerdings auf dem Gartentisch von Abdel Rauf ibn Bakir, der auf einem Hügel über dem Tal wohnt. Er beklagt sich darüber, dass er die Fenster nicht mehr öffnen kann und seine Tabakpflanzen eingehen.

Es heisst, das Israel bei der palästinensische Autonomiebehörde immer wieder gegen die Luftverschmutzung protestiert hätte. Es hatte 2014 eine Klage vor dem höchsten Gericht für ein Verbot der Meiler gegeben. 2015 forderte das Gericht die israelische Regierung dazu auf, das Gesetz über die Luftreinhaltung durchzusetzen. Es wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern mehrerer Ministerien eingerichtet, die nach Lösungen suchen. Deren Vorschläge liefen darauf hinaus, das Holz in Israel selbst zur Energiegewinnung zu nutzen und den Obstbauern die Lieferung von Holz in die Palästinensergebiete zu verbieten, bzw. sie notfalls daran zu hindern.

Schon zwischen 2012 und 2016 waren von den israelischen Behörden 700 illegale Meiler beseitigt worden. Diese lagen aber in der Zone C, also dem Teil der Westbank, der nach dem Abkommen von Oslo von Israel kontrolliert wird. Die Meiler von Ya’bat liegen aber in der Zone A, wo sich Israel und Palästinenser die Kontrolle teilen sollen und israelische Behörden nichts machen können.

Schliesslich ist der COGAT (Coordinator of Government Activities in the Territories) der Geduldsfaden gerissen. Es handelt sich dabei um eine Abteilung des israelischen Verteidigungsministerium, die für die Regelung ziviler Angelegenheiten zwischen dem Staat Israel, seinen Streitkräften, internationalen Organisationen und der palästinensischen Autonomiebehörde zuständig ist. Deren Leiter Generalmajor (aluf) Yoav Mordechai (hebräisch: יואב מרדכי‎‎) hat laut dem israelischen Internet-Nachrichentdienst ynet news vom 2. Dezember 2016 erklärt, dass es um den Schutz der Gesundheit der Anwohner ging. Die Köhlerbetriebe wurden geschlossen und 160 t Holz, das als Rohmaterial gelagert wurde, beschlagnahmt. In einer Presserklärung zeigt sich das Umweltministerium zufrieden mit der Aktion und führt eine Reihe von Massnahmen auf, wie der Holzhandel mit den Palästinensern unterbunden werden soll.

Demnach soll Abfallholz bevorzugt in israelischen Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt werden, entweder in speziellen Biomassekraftwerken oder als Zusatzbrennstoff in Kohlekraftwerken.

Schon 2013 war vom Umweltministerium eine „David Einheit“ gegründet worden, die gegen illegale Abfalltransporte in die Westbank vorgehen sollte. Damit wurden die ansonsten zu entrichtenden Deponiegebühren vermieden. Die Einheit war auch gegen Holztransporte an die Köhlereien vorgegangen (aus einem Zwischenbericht an die OECD über die Umsetzung von Massnahmen zum Umweltschutz von 2016). Demnach hat sich das Umweltministerium den Kampf gegen die Köhlerei 53 Mio Schekel (ca. 13 Mio €) kosten lassen, darin enthalten sei auch für die Suche nach umweltfreundlicheren Produktionsverfahren.

Wenn jetzt die Lieferanten aus der Westbank ausfallen, bleibt den Israelis immer noch die Grillkohle von proFagus, die sowohl mit einem Koscher, als auch Halal-Zertifikat punkten kann.

Versuche zur umweltfreundlichen Produkton

Es hat von palästinensischer Seite Versuche gegeben, die Köhlerei umweltfreundlicher zu betreiben. Mit Unterstützung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die nach Alternativen suchen sollte. Es wurden Versuche mit der Adam-Retorte gemacht und ein Anlage zur Reinigung der Abluft installiert, die auch in dem Video erwähnt wird.

Ein Vorschlag der UNEP von 2012 hatte bereits die Adam Retorte ins Auge gefasst, die Staub und Rauch um 75 bis 85 % reduzieren würde. Man ging von 500 Meilern an 125 Stellen aus, die 27.000 t Holzkohle jährlich liefern. Die Hilfsorganisation „World Vision“ hatte Förderung aus Belgien dafür bekommen. Seite 10 im Bericht (PDF) von 2010.

Laut der Pressemitteilung von UNEP werden jährlich 10.000 t Holzkohle in Ya’bad produziert. Der Weltmarktpreis für Holzkohle liegt bei 200 – 210 €/t bei grossen Gebinden. Kleinere Mengen sind entsprechend teurer. Man kann in Ya’bad von einem Millionengeschäft sprechen.

Die Holzkohle-Produktion wird von UNEP unter den Erfolgen seiner Arbeit verbucht: Turning Agricultural Waste into income in Gaza.
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Yasmeen Abu Khaled (30) und Sabreen Abu Laimoon (26) im Dorf El-Swarha im Bezirk Deir El-Balah hatten zusammen mit 40 weiteren Frauen eine theoretische und praktische Ausbildung erhalten.

So können sie landwirtschaftliche Reststoffe verwerten und damit etwa 500 NIS (ca. 70 €) im Monat verdienen. Leider ist aus dem Beitrag nicht erkennbar, welche Technik eingesetzt wird. Es sieht so aus, als ob Holzkohle von kleinen Ästen von Hand zu Briketts gepresst wird.

Neue Holzkohle-Produktion wird gebaut

Anscheinend hat man nach einer Meldung der Jerusalem Post vom 29. Kislev 5777 doch noch auf eine einvernehmliche Lösung einigen können. In zwei Wochen soll eine neue Produktionsstätte gebaut werden, die die 20-fache Kapazität der alten Meiler haben wird. 15 weitere sollen folgen.

Anfang November 2018 hatte sich der Leiter der Zivilverwaltung ‎‎(hebräisch המנהל האזרחי ha-Minhal ha-ʿEzraḥi)  der Brigade-General Achvat Ben-Hur mit offiziellen Vertretern der Palästinensischen Verwaltung und den Köhlern getroffen und diesen Plan vorgestellt. An dieser Besprechung hatte auch Yoav Mordechai von COGAT teilgenommen, der die Meiler zwangsweise schliessen und lies und 160 t Holz konfiszierte.

Mit einer neuen Produktionsstäte würde auch ein Beschluss der Knesset in Frage gestellt, nachdem die israelischen Landwirte ihre Abfälle „pulverisieren“ und dafür Maschinen zur Zerkleinerung anschaffen müsste. Das Umweltministerium möchte die Biomasse als Hackschnitzel in Kraftwerken einsetzen.

Film Dirty Business

Es gibt einen Dokumentarfilm von Vadim Dumesh von 2015, der beim „innsbruck nature film festival 2016“ gezeigt wurde. Dort heißt es:

Israel 2015, 15 min, Hebräisch, Arabisch, Englisch; englische UT
Wenn man sich die Lage zwischen Israel und Palästina vergegenwärtigt ist es nur schwer vorstellbar, wie sehr die zwei Territorien wirtschaftlich aufeinander angewiesen sind. Der Film von Vadim Dumesh betrachtet diesen Umstand, genauer gesagt den Handel mit Zitrusbäumen zur Herstellung von Holzkohle in der Jenin Region.

Er wird 2017 auch beim Festival in Cannes 17.- 28. Mai zu sehen sein. Obwohl die europäische Uraufführung bereits 2015 war, und er bei zahlreichen Festivals als bester Kurzfilm nominiert war, hat es kaum jemand interessiert. Sogar bei der Berlinale wird er gezeigt.

Trailer:

 

 

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